30 Jahre Direktwahlen zum Europäischen Parlament (1979-2009): Eine interdisziplinäre Bilanz

30 Jahre Direktwahlen zum Europäischen Parlament (1979-2009): Eine interdisziplinäre Bilanz

Organisatoren
Institut für soziale Bewegungen, Ruhr-Universität Bochum; ASKO Europa-Stiftung, Saarbrücken; Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf; Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Berlin
Ort
Bochum
Land
Deutschland
Vom - Bis
17.04.2009 - 18.04.2009
Url der Konferenzwebsite
Von
Stephan Seifen, Institut für soziale Bewegungen

Das Jahr 2009 steht als „Superwahljahr“ nicht nur im Zeichen der Bundestags- und Kommunalwahlen, sondern auch der 7. Direktwahl zum Europäischen Parlament. Die Direktwahl des Europäischen Parlaments blickt mittlerweile auf eine 30-jährige Geschichte und Entwicklung zurück − ein Zeitraum, in dem aus einer überschaubaren Wirtschaftsgemeinschaft eine politische Union entstanden ist, deren Rechtsakte den Alltag der Europäer mittlerweile bis ins Detail betreffen. Der Wandel der Direktwahlen im bisherigen Verlauf der Integration, aber auch ihr künftiges Potenzial und ihre Grenzen standen im Fokus der interdisziplinären wissenschaftlichen Tagung, in deren Verlauf neben Historikern und Politikwissenschaftlern auch Parlamentarier zu Wort kamen. Die Konferenz wurde vom Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum in Verbindung mit der ASKO Europa-Stiftung, der Landeszentrale für politische Bildung NRW und der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien am 17. und 18. April 2009 im Haus der Geschichte des Ruhrgebiets in Bochum durchgeführt. Das Erkenntnisinteresse der Tagung zielte vor allem auf die gesellschaftlichen und politischen Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, die mit dem Wahlakt verbunden waren sowie auf ihr Potenzial zur „Demokratisierung“ der europäischen Strukturen. Vor diesem Hintergrund sollten sowohl Wahlverfahren und -programme als auch Wahlkampf und -beteiligung − einschließlich der beteiligten Akteure − einer diachronen Betrachtung unterzogen werden.

Einleitend gab JÜRGEN MITTAG (Institut für soziale Bewegungen, Bochum) einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und die Forschungsschwerpunkte in den Geschichts- und Politikwissenschaften. Dabei stellte er heraus, dass in diesem Forschungsfeld zwar substanzielle Schwerpunktstudien zu einzelnen Wahlen existieren, im Bereich der sowohl zeit- als auch disziplinübergreifenden Arbeiten jedoch noch erhebliche Desiderate beständen. So seien die Konzepte, Methoden und Theorien der beiden Disziplinen durchaus anschlussfähig und erfolgversprechend, um die „nicht enden wollende Debatte“ über die paradoxe Situation zwischen den hohen Erwartungen an die Direktwahl (infolge ständiger Kompetenzgewinne des Parlaments) einerseits und der anhaltenden Skepsis (infolge einer beständig zurückgehenden Wahlbeteiligung) andererseits aufzuarbeiten.

Die erste, von MICHAEL GEHLER (Universität Hildesheim) moderierte Sektion, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, eine „theoretisch-konzeptionelle Einordnung“ der vorhandenen Ansätze zu leisten. Die Vorträge rankten sich daher um die theoretischen Konzepte und Analysemodelle zur Untersuchung der europäischen Direktwahlen, ihre zentralen Kategorien sowie ihre Anschlussfähigkeit. STEFAN MARSCHALLS Vortrag (Universität Siegen) beschäftigte sich mit dem klassischen Modell parlamentarischer Repräsentation im Spannungsfeld seiner Entstehung und Adaption auf europäischer Ebene. Er skizzierte Besonderheiten und Unterschiede der europäischen Vertretung, verwies auf seine Entwicklung von einer „Repräsentation aggregierter territorialer Interessen“, wie im Gründungsvertrag vorgesehen, hin zu einer „Vertretung individueller Bürgerinteressen“, in Anlehnung an den Wortlaut des Vertrags von Lissabon. Dem Ergebnis dieser Entwicklung attestierte er einen stark „hybriden Charakter“, der sich beispielsweise in der degressiv-proportionalen Mandatierung sowie der Abstimmungen entlang transnationaler Konfliktlinien ausformte. Der Vorstellung einer „Vollparlamentarisierung“ hielt er allerdings entgegen, dass trotz gewisser Annäherungsprozesse ohne europäischen „Demos“ weiterhin die Vermittlungsebene zwischen Repräsentanten und Repräsentierten fehle. Der Historiker ANDREAS BIEFANG (Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Berlin) verwies auf den wachsenden Bereich transnationaler Vertrags- und Diplomatiegeschichte, der sich den internationalen Beziehungen zwischen Nachkriegszeit und Ratifikation der Einheitlichen Europäischen Akte widme. Er verortete die Entwicklung der Direktwahlen vor diesem Hintergrund im Spannungsfeld der Kategorien demokratische Repräsentation und Staatlichkeit. Die Prozesse der Parlamentarisierung und der Verfassungsbildung seien an nationale Prozesse angelehnt, dem Europäischen Parlament fehle jedoch sowohl der Staat als auch der „Demos“, um dem klassischen Muster einer Volksvertretung zu entsprechen. Die These einer Demokratisierung anhand funktionaler Parlamentarisierung lehnte Biefang ab, da der Parlamentarismus aus historischer Sicht keine genuin demokratische Repräsentationsform sei. Demokratie erwachse, so Biefang, erst aus der öffentlichen Akzeptanz der Institutionen. „Öffentliche Akzeptanz“ habe das Europäische Parlament bisher jedoch im Wesentlichen infolge von politischen Konflikten erzielt. Biefang plädierte daher dafür, der bislang vor allem technokratisch geprägten Finalitätsdebatte eine stärker partizipative Dimension zu geben. ANDREAS MAURER (Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin) analysierte das Europäische Parlament vor dem Hintergrund eines Sets von Variablen klassischer und neuerer Parlamentsfunktionen, so etwa der System- und Politikgestaltungsfunktion. Diesen Funktionen werde das Europäische Parlament (EP) im Rahmen des Zustimmungs- und vor allem des Mitentscheidungsverfahrens, aber auch durch die kreative Nutzung seiner Konsultationsrechte sowie der Haushaltskontrolle gerecht. Dazu kämen, so Maurer, informelle und interinstitutionelle Absprachen, die im Laufe der Entwicklung als so genanntes „Tertiärrecht“ institutionalisiert wurden. Wurde die Politik des EP in der Vergangenheit vor allem durch eine Koalition der großen Fraktionen geprägt, so habe der Funktionszuwachs zu einer Versachlichung der Politik geführt. Dies lasse eine Ausformung klassischer Fraktionslinien und damit künftig auch einen zunehmend an Sachfragen orientierten Wahlkampf erwarten. Die lebhafte Debatte im Anschluss drehte sich vorwiegend um die Rolle der Öffentlichkeit. So wurde die Bedeutung der Massenkommunikation, aber auch die Entwicklung eines transnationalen Parlamentarismus intensiv diskutiert. Kritisch aufgefasst wurde die These mangelnder Informiertheit, da hier das Parlament und seine Abgeordneten in der Bringschuld ständen, nicht jedoch die Bürger.

Die zweite, von JOST DÜLFFER (Köln) moderierte Sektion befasste sich mit historischen Zugängen zur Direktwahl des Europäischen Parlamentes. Als Leitthemen dieser Sektion dienten die Argumente, Promotoren und sonstigen Triebkräfte der Direktwahl zum Europäischen Parlament. GUIDO THIEMEYER (Siegen) erläuterte zunächst die Debatte um Parlamentarismus und Demokratie in der Frühphase der europäischen Integration. Im Rahmen dieser frühen Finalitätsdebatte bestand keinerlei Einigkeit zwischen den Akteuren. Die unterschiedlichen Legitimationsmuster auf nationaler Ebene in den 1950er- und 1960er- Jahren bildeten sich dabei in den Vorstellungen über die Zukunft des europäischen Gebildes ab. Nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft beschränkte sich der Aufgabenbereich der Gemeinsamen Versammlung auf wirtschaftspolitische Themen und eine weitgehend technische Organisation der Gemeinschaft. Die Legitimation der Wirtschaftsgemeinschaft erwuchs aus ihrer Effizienz, der so genannten „output“-Legitimität, welche von den Mitgliedstaaten und ihrer Bevölkerung in einem „permissive consensus“ getragen wurde. Dies stelle eine grundsätzlich neue, von den nationalstaatlichen völlig unterschiedliche Legitimationsstruktur dar, die daher als defizitär wahrgenommen wird. Erst mit der Gründung der „politischen“ Europäischen Union im Vertrag von Maastricht verstärkte sich eine übergreifende Debatte um eine verstärkte „Input“-Legitimität. JOACHIM WINTZER (Berlin) ging das Thema aus der Sicht der Mitgliedstaaten an. Dabei konzentrierte er sich auf die Diskussion um die Direktwahl in den 1970er-Jahren, die von zahlreichen Ereignissen und Interessen begleitet, aber auch vorangetrieben wurde. So lösten nicht zuletzt die nachlassenden Spannungen des Kalten Krieges, aber auch die vom Zusammenbruch des Bretton Woods-Systems begleiteten Wirtschaftskrisen eine Stimmung politischen Umbruchs in den Mitgliedstaaten aus. Infolgedessen entfaltete die wirtschaftliche Stabilität der EG eine gewisse Anziehungskraft, die Macht- und Statusverschiebungen zugunsten einer politischen Union begünstigte, welche vor allem von den „Weltkriegsverlierern“ getragen wurde. Dazu kamen die Auswirkungen der bisherigen Integrationsfortschritte auf die Binnenorganisationen zentralistisch organisierter Staaten und die Schaffung des Europäischen Rates. Die Diskussion um die Direktwahl war ein Anzeichen dieses Umbruchs und Ausdruck des Wunsches, die Gemeinschaft zu legitimieren. Als 1976 über die Abschaffung der Doppelmandate, eine neue Mandatsverteilung, die Haushaltskontrolle, die Wahlmodi und Daten der Wahl Einigkeit erzielt werden konnte, wiesen die Ergebnisse starke intergouvernementale Prägungen auf und schränkten weder die Autonomie des Rats noch die der Kommission ein. Im Anschluss hinterfragte JÜRGEN NIELSEN-SIKORA (Köln) die Strategie „des Europas der Bürger“ und die der Europawahl als „Doppelstrategie zur Überwindung der Eurosklerose“. In seinem Vortrag ging er auf die Entwicklung der bereits in den Römischen Verträgen angelegten, in den 1960er-Jahren dann aber wiederholt aufgeschobenen Direktwahl ein. Sie erlebte ihre Reminiszenz aufgrund der Beitritts- und Wirtschaftskrisen, der Aufgabe der französischen Vetopolitik und der allgemeinen Situation der 1970er-Jahre, in denen die europäische Zivilgesellschaft erste Konturen annahm und die Gemeinschaft Schritte zu einer Ideensammlung jenseits des „permissive consensus“ entwickelte. Nielsen-Sikora zufolge kam es in „sachgerechter“ Reihenfolge erst nach der Etablierung des Europäischen Rates zur Direktwahl und zur stufenweisen Übertragung legislativer Befugnisse auf das Europäische Parlament. Dahinter standen Überlegungen, dass die EWG in der Krise den Druck der Bürger bräuchte, während das Parlament zum Katalysator der sozialen Krisen, zur moralischen Instanz und zum Sprachrohr avancieren sollte. Insofern war die Direktwahl sowohl Resultat der Eurosklerose als gleichzeitig auch ihr Ausweg. Von einem „Europa der Bürger“ war man aber zu diesem Zeitpunkt noch weit entfernt. EMANUEL RICHTER (Aachen) zog in seinem Vortrag eine Bilanz der ersten Direktwahl im Kontext der europäischen Demokratiedebatte. Schwerpunkte lagen auf den mit der Direktwahl verbundenen Finalitätsvisionen und den damit verknüpften demokratietheoretischen Standards. So war die erste Direktwahl 1979 von einer umfangreichen Kampagnenstruktur begleitet und als Kulminationspunkt in Richtung einer Parlamentarisierung und Demokratisierung Europas angelegt, deren Vollendung in der Entstehung einer transnationalen Basis und der Selbstschöpfung eines authentischen parlamentarischen Wahlmodus münden sollte. Die Direktwahl bedeutete eine institutionelle Aufwertung für das Parlament, offenbarte aufgrund ihrer autoritativen Einführung „top down“ jedoch ein Repräsentationsparadox, da europäische Identität und Bürgernähe von der Repräsentation „entkoppelt“ waren. Die intendierte Artikulationsfunktion für den „Demos“ wurde durch die Medien in einem „bypassing“ der Öffentlichkeit umgangen. Dieser Trend verstärkte sich nach der Wahl 1979 noch. Richter benannte diese Entwicklung als Scheitern der „Demos-Erwartung“ am „flexible-polity-Charakter“ der Institution EP. Hinsichtlich der Finalitätsdebatte war die Direktwahl ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einem europäischen Bundesstaat und überbrückte demokratietheoretisch den Gegensatz zwischen funktionalistischer Zweckerfüllung und politischer Integration, wenn auch nacheilend angesichts des bereits weit fortgeschrittenen Binnenmarktprojektes.

Die von WILFRIED LOTH (Duisburg/Essen) moderierte dritte Sektion verfolgte das Ziel, die Europawahlen einem zeit- und länderübergreifenden Vergleich zu unterziehen. Der Sektionstitel „Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind“ spiegelte dabei die enttäuschten Hoffnungen nach der Einführung der Direktwahl wider. Im Zentrum des Vortrags von MARKUS STEINBRECHER (Mannheim) stand das Phänomen einer anhaltend sinkenden Wahlbeteiligung. Dabei konzentrierte er sich insbesondere auf die starken Schwankungen und Abweichungen innerhalb der verschiedenen Mitgliedstaaten. Diese ließen sich durch nationale Besonderheiten, wie Wahlpflicht, Charakter der Parteiensysteme, aber auch durch die Koppelung mit nationalen Wahlen erklären. In der Bewertung der Wahlbeteiligung unterschied er zwischen den Leitbildern „in- und output“ orientierter Demokratietheorien. Während die „input-orientierte“ Sichtweise in niedriger Wahlbeteiligung ein Krisensymptom erkennt, stellt sie für die „output-orientierte“ eher einen Ausdruck von Zufriedenheit oder zumindest Gleichgültigkeit dar. In der öffentlichen Meinung galt die niedrige Beteiligung an Europawahlen immer eher als Beleg für Euroskeptizismus und Europhobie, während in Befragungen mangelndes Interesse und Unzufriedenheit als Grund für die Nicht-Teilnahme genannt wurden. Wissenschaftlich lässt sich Wahlabstinenz jedoch nur bedingt „europaspezifisch“ untermauern. So sind verschiedene Faktoren auf der Makro- wie auf der Mikroebene zu analysieren, die eine Wahlbeteiligung begünstigen oder unwahrscheinlich werden lassen. Sind es auf der Makroebene wahlrechtliche Faktoren, wie der Tag der Wahl, die Kongruenz mit anderen Wahlen oder das zugrundeliegende Wahlrecht, so geben auf der individuellen Ebene beispielsweise der sozioökonomische Status, die Parteibindung, ein staatsbürgerliches Pflichtbewusstsein oder die erwartete Wirksamkeit der Stimmabgabe den Ausschlag. CLAUDIA HÜLSKEN (ISB, Bochum) widmete sich im Rahmen ihrer empirischen Analyse den Wahlen der 1980er-Jahre. Der Europawahlkampf 1984, der in eine europapolitische Phase der Stagnation fiel, wurde in fast allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft von den nationalen Parteien mit innenpolitischen Themen bestritten. Besonders auffällig an dem parteieninitiierten Wahlkampf 1984 in Deutschland, so Hülsken, war die Kompensation fehlender europapolitischer Inhalte durch aufwändige und bunte Wahlkampfveranstaltungen. Die Medienresonanz sank unter das Niveau der ersten Direktwahl, was auch partiell auf die – verglichen mit der ersten Direktwahl 1979 – nachlassende Prominenz der Europawahlkandidaten zurückzuführen sei. In einer gesamteuropäischen Perspektive lässt sich auch 1984 die für das „second-order“-Modell zentrale These besserer Chancen für kleinere, neuere und radikalere Parteien für eine überwiegende Mehrheit der Länder bestätigen. Trotz der europapolitisch weitaus günstigeren Ausgangslage 1989 konstatierte Hülsken eine Kontinuität hinsichtlich der sich schon 1984 abzeichnenden Tendenzen wie der thematischen „Nationalisierung“ der Wahlkämpfe, dem abnehmenden Bekanntheitsgrad der Kandidaten sowie der nachlassenden Medienresonanz − vor allem im Leitmedium Fernsehen. Auch die Wahlergebnisse 1989 konnten europaweit, von wenigen Ausnahmen abgesehen, als „Abstrafung“ nationaler Regierungsparteien gelesen werden. JEANETTE GLOCK (Mainz/Stuttgart) führte die Einzelbetrachtungen der Wahlen für die Jahre 1994 und 1999 fort. Den Kontext der Europawahlen 1994 prägten der Maastrichter Vertrag und die Debatte um die Wirtschafts- und Währungsunion. Die Übernahme der Ratspräsidentschaft durch die Bundesrepublik und der Amtsantritt der Santer-Kommission sowie die bevorstehende Bundestagswahl und die Intervention im Bosnienkrieg waren weitere Einflussfaktoren auf die Wahl. Bei einer − im Vergleich zu 1989 − stagnierenden Wahlbeteiligung von 60 Prozent zeichnete sich in den 1990er-Jahren eine „Europasättigung“ der Wähler ab. So trat bei der Wahl 1994 der Kosten-Nutzen-Effekt der Stimmabgabe in den Vordergrund. Dies spiegelte sich in der ambivalenten Haltung der Wähler zu Europa, der Rolle der bevorstehenden nationalen Wahlen und der punktuellen, meist negativ besetzten Berichterstattung wider. Das auf EU-Ausländer erweiterte Wahlrecht schlug sich nicht günstig auf die Wahlbeteiligung nieder. Die zweite im Rahmen dieses Vortrages betrachtete Direktwahl 1999 fand hingegen im Nachklang zur Bundestagswahl 1998, vor dem Hintergrund der Euro-Einführung, dem Rücktritt der Santer-Kommission und dem Vertrag von Amsterdam statt. Die Wahlbeteiligung sank auf 45 Prozent, während die Einstellungen der Bürger gegenüber Europa relativ stabil blieben und die Skepsis gegenüber europäischen Lösungen in bestimmten Politikfeldern, wie der Währungsunion sogar leicht abnahm. Insbesondere die fehlenden europaspezifischen Themen und das mangelnde europapolitische Differenzierungspotenzial der Wahl kämpfenden Parteien sowie die noch immer geringe Kompetenzzuschreibung für das EP prägten auch diese Wahl.

Zahlreiche der hier skizzierten Beobachtungen spiegelten sich auch in den Debatten der öffentlichen Podiumsdiskussion wider, bei der bekannte Europaabgeordnete ihre Erfahrungen mit den Europawahlen der vergangenen Jahre zum Ausdruck brachten. Mit KLAUS HÄNSCH (SPE Fraktion; EP-Mitglied seit 1979), ELMAR BROK (EVP/ED-Fraktion; seit 1980 Mitglied des EP), ELISABETH SCHROEDTER (Fraktion Grüne/EFA; EP-Mitglied seit 1994), GABRIELE ZIMMER (GUE/NGL; EP-Mitglied seit 2004) und ALEXANDER PLAHR (Kandidat EP-Wahlen 2009; ALDE Fraktion) vereinigte das Podium nicht nur Vertreter aller gegenwärtig aus deutscher Sicht im EP vertretenen Parteien, sondern auch Repräsentanten unterschiedlicher Abgeordnetengenerationen. Deutlich wurde in der Debatte, dass sich die Arbeitsweise der Abgeordneten im Europäischen Parlament zwar grundlegend verändert hat, dass das Ringen um Aufmerksamkeit bei Wahlen ein dauerhaftes Merkmal aller bisherigen Europawahlen gewesen ist.

Die von RAINER EISING (Bochum) moderierte vierte Sektion der Tagung untersuchte die Auswirkungen der Direktwahlen auf die Parlamentarisierung der EU und in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Akteure, Politik und Kompetenzen des EP. RUDOLF HRBEK (Tübingen) beleuchtete in seinem Vortrag über die Europawahlen als „second-order-Elections“ zunächst die Genese dieses Begriffs und skizzierte die Aspekte, die konstituierend für „Wahlen zweiter Ordnung“ seien. Große, an der Regierung beteiligte Parteien verlören tendenziell häufiger, da die Wahlentscheidung nicht strategisch auf regierungsfähige Mehrheiten abziele. Mit Blick auf die Wahl 2004 gäbe es zwar einige Anomalien, vor allem infolge der noch nicht konsolidierten Parteiensysteme in Mittel- und Osteuropa, die jedoch auch im Sinne des second-order-Paradigmas erklärbar seien. So haben auch hier im Schnitt die Regierungsparteien an die kleinen Parteien verloren. Dies gelte insbesondere für die Parteiensysteme Mittel- und Osteuropas, die kein eingespieltes Koalitionsverhalten aufwiesen. Im Hinblick auf die Wahlen 2009 sei kein grundlegend anderes Bild erwartbar. Veränderungen könnten sich zum einen aus besserer Informiertheit der Wählerinnen über den Funktions- und Bedeutungszuwachs im Vertrag von Lissabon, zum anderen aus dem Prozess der Politisierung des Parlamentes selbst ergeben. Zusätzliche Impulse könnten auch von einer stärkeren Orientierung der nationalen Diskurse an Europa ausgehen, dies sei aber aufgrund des taktischen Verhältnisses der nationalen Akteure zur europäischen Politik unwahrscheinlich. JAN TREIBEL (Duisburg/Essen) referierte im Anschluss über „Determinanten“ der Europawahlen zwischen Parteistrategie, Medienresonanz und Wählerverhalten. Die Europawahlen seien, so Treibel, als Einzelphänomen nur schwer greifbar, handele es sich doch − trotz der Harmonisierungsbemühungen der Vergangenheit − um 27 unterschiedliche Einzelwahlen. Noch immer gäbe es keinen europaweit organisierten Wahlkampf, da der Schwerpunkt auf nationalen Themen läge und von nationalen Parteien getragen werde. Zudem fänden sich die großen und bevölkerungsreichen Länder aufgrund der nicht-proportionalen Mandatierung im EP unterrepräsentiert wieder. Der Nebenwahlcharakter der Europawahlen ließe sich auch am Budget und der Parteistrategie sowie an der Rolle der Medien ablesen. So seien der stetig steigende Nichtwähleranteil, die Begünstigung kleinerer Parteien, die nationale Orientierung der Wahlkämpfe und ein generell mangelndes Interesse nationaler Medien konstant. Neu hingegen wären Überlegungen, die Wahlbeteiligung durch Zusammenlegung von Wahlen zu steigern, die Auswirkungen stärker personalisierter Wahlkämpfe zu analysieren und die Bedeutung des Internets für zukünftige Wahlkämpfe in den Fokus zu nehmen. MICHAEL EDINGER (Jena) stellte in seinem Vortrag die Rekrutierungs- und Karrierewege der Europaparlamentarier in den Vordergrund. Für diese Akteure böte sich durch die Direktwahl ein erweitertes Betätigungsfeld. Durch die Abschaffung der Doppelmandate und das neue Abgeordnetenstatut sei daher auch eine zunehmende Professionalisierung europäischer Politik und eine Europäisierung der Karrieren forciert worden. Institutionell ergaben sich neue Herausforderungen und Chancen, aber auch Risiken, die einen neuen Abgeordnetentypus prägten. Für die primär nach „re-election“ suchenden Parlamentarier komme dabei den Wahlen eine zentrale Rolle zu, weil sie das strukturelle Risiko der Abwahl in sich bergen. Im Rahmen einer vergleichenden Betrachtung kam Edinger zu dem Schluss, dass deutsche Europaparlamentarier länderübergreifend länger, im Vergleich zu Landes- und Bundesparlamenten jedoch kürzer im Amt weilen, obwohl auch hier eine Anpassung beobachtbar sei. In Verbindung mit der hohen Quote von Wiedernominierungen (85 Prozent) stelle sich der Beruf „Europaparlamentarier aus Deutschland“ jedoch als recht „krisensicher“ dar. Das EP stelle somit nicht, wie in den Anfangsjahren der europäischen Integration kolportiert, den Endpunkt politischer Karrieren dar, sondern sei heute eher ein Sprungbrett für „level hopper“. Aus dieser Situation schäle sich zusätzlich zu den traditionellen Karrieren der Abgeordneten ein neuer Typus von Abgeordneten heraus, der sich als Teil einer neuen supranationalen Repräsentationselite und Träger der europäischen Idee verstehe und für den auch ein Aufstieg in die europäische Exekutive nicht unüblich sei. JAN KREUTZ (SPE, Brüssel) berichtete aus der Binnenperspektive über die „Europäischen Parteien und Europawahlen“, ihre „Aktivitäten, Finanzierung und Bedeutung“. Mit Verweis auf die Besonderheiten der europäischen Parteien betonte er, dass die Parteien erst nach Schaffung eines parlamentarischen Systems, anfangs noch ohne präzisere Rechtsgrundlagen zur Form und Finanzierung etabliert worden seien. Nähere Bestimmungen wurden erst nach den Verträgen von Maastricht und Amsterdam definiert; es gelang jedoch nicht, sich 2004 auf ein umfassenderes Statut zu verständigen. Wachsende Bedeutung lasse sich jedoch an der Erhöhung der Finanz- und Eigenmittelmittel für Wahlkämpfe und europäische Stiftungen ablesen. Politisch seien, so Kreutz, die Parteien im Hinblick auf Strategien, Planung, Gesetzgebung und Wahlkampf erst allmählich in ihre Rolle hineingewachsen. Die PES versuche im Vorfeld der Wahl 2009 einen „echten“, inhaltlich koordinierten Wahlkampf mit Großveranstaltungen und Kampagnentagen zu führen. Dies sei notwendig, um die EU demokratisch zu „normalisieren“.

In der fünften Tagungssektion ging es um die „mediale Performanz“ der Europawahlen und deren Mobilisierung, Symbolik und Medienresonanz. ANJA KRUKE (Bonn) wies in ihrem Vortrag auf das Plakat als zentrales Wahlkampfmedium hin. Dabei ließen sich an Eindrucks-, Presse- und Motivplakaten auch die Schwerpunkte des Wahlkampfes zwischen den Spannungspolen national oder europäisch orientiert bzw. themen- oder personenorientiert ablesen. Kruke ging dabei chronologisch vor, beginnend mit den Plakaten von 1979, deren Motive als utopisch, optimistisch und beliebig charakterisiert werden können. Darunter fanden sich Plakate der Kommission mit eigener Symbolik, während Plakate der Parteien eher Europa unspezifisch darauf zielten, die Wahl zur Kenntnis zu nehmen. Die Plakate der folgenden Direktwahlen spiegelten sowohl allgemeine wie europäische Themen wider. Die SPD-Kampagne von 1984 verwies erstmals überhaupt auf transnationale Probleme. Allgemeine Themen wie Familie, Frieden und Terrorismus ließen sich hingegen auf Plakaten zur Wahl 1994 beobachten. Plakate zur Wahl 2004 zeigten einen Bauarbeiter als symbolische Verknüpfung mit Lohndumping als europäischem Thema. Entwicklungen jenseits dieser Einzelphänomene lassen sich im Untersuchungszeitraum nur in technischem und ästhetischem Sinne erkennen. Die Wähler, so Kruke, werden über allgemeine nationale Themen angesprochen, die aber nur symbolisch mit Europa verknüpft seien. Eine tatsächliche inhaltliche Auseinandersetzung fehlt nach wie vor, woraus auf eine unverändert niedrige Relevanz der europäischen Ebene zu schließen sei. Im Anschluss berichtete AXEL HEYER (ALDE-Fraktion, Brüssel) über die Wahlkampfstrategien zur Europawahl 2009 aus Sicht der Parteien. Er attestierte den Parteien vor dem Hintergrund veränderter Medienöffentlichkeit eine zunehmende Personalisierung des Wahlkampfes. Zudem würden die Kampagnen in wachsendem Ausmaß einem Schwarz-Weiß-Schema folgen. Dies zöge die Kritik nach sich, die Kampagnen würden Nebensächlichkeiten in den Vordergrund stellen, während eine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung ausbliebe. Ein Grund für diese Entwicklung sei jedoch die Wahrnehmung der Politik, die vor allem durch die Medien transportiert würde. Im Auftakt zur Wahl 2009 setze sich dieser Trend fort: Die beiden großen Parteien weisen bereits auf ihre jeweiligen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl hin. Die Grünen hingegen setzten auf ein internationales Team, welches im Rahmen eines „corporate Designs“ vorgestellt wird. Zudem werde im Vergleich zu früheren Kampagnen eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung deutlich. Aus der praxisnahen Sicht eines Parlamentariers stellte MdB und Ex-MdEP AXEL SCHÄFER (Bochum) die Öffentlichkeitsarbeit zwischen Bochum, Berlin und Brüssel dar. Zentrale Herausforderung sei aus seiner Sicht die wachsende Einflussmacht des EP, die einer sinkenden Wahlbeteiligung gegenüberstünde. Die Internalisierung der neuen und noch fragilen europäischen Ebene im nationalen Politikzyklus sei bisher nicht gelungen. Schäfer attestierte der nationalen Politik einen gewissen Unwillen, die europäische Ebene strategisch einzubinden, dies sei entweder „nicht gelernt oder nicht gewollt“. Im Gegenteil werde über die Beziehung, beispielsweise unter dem Stichwort „Zahlmeister Europas“ allerlei Unsinn verbreitet. Ähnlich indifferente Inhalte würden auch thematisch, sowohl im Wahlkampf als auch über die Medien transportiert, die sich weigern würden, europäische Themen zu vermitteln. Der Zusammenhang zwischen kommunaler und europäischer Ebene werde nach wie vor nicht gesehen. Daher wären auch die Alltagsarbeit und der Wahlkampf noch nicht weit genug aufeinander abgestimmt.

In der darauf folgenden lebhaften Diskussion wurde die mangelnde Beziehung zu den europäischen Parteienbünden im Wahlkampf erörtert sowie ein Vergleich nationaler und länderbezogener Plakatkampagnen, etwa bezüglich der Personalisierung angeregt. Bei dem Thema der Finanzierung wurde das Ungleichgewicht nicht eingesetzter nationaler Ressourcen einerseits und begrenzter europäischer Ressourcen andererseits diskutiert. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, eine stärkere Bürgerbeteiligung mit anderen Mitteln zu fördern als nur die Parteien zu stärken. Dies würde einer weiteren Entleerung der Demokratie entgegenwirken, während das Interesse an parlamentarischer Repräsentation generell sinke.

Die sechste und letzte Sektion der Tagung sollte vor dem Hintergrund der jüngsten Reformdebatten einen Ausblick auf die Europawahl 2009 leisten. Moderiert wurde diese Sektion von WOLFGANG WESSELS (Köln). DANIEL GÖLER (Passau) behandelte zunächst „die (neuen) Rahmenbedingungen des Vertrags von Lissabon“. Dieser Vertrag biete auf den ersten Blick kaum Veränderungen, obwohl er die Stellung des EP im Institutionengefüge der EU verbessere. So passe er das Parlament beispielsweise durch veränderte Proportionalität der Mandate den Herausforderungen der Erweiterung an. Darüber hinaus werde das Parlament hinsichtlich der Gesetzgebungsfunktion und durch einen zunehmenden Einfluss auf die Kommission gestärkt. Der Bereich der parlamentarischen Haushaltskontrolle soll auf die gesamten EU-Mittel ausgedehnt werden. Die Befugnisse zur Systemgestaltung, beispielsweise bei Vertragsänderungen oder im Konventsverfahren bleiben jedoch begrenzt. Das Parlament habe, so Göhlers Fazit, die Möglichkeit sein politisches Gewicht zu erhöhen wenn es die neu gewonnenen Möglichkeiten konfrontativ nutze. Im Anschluss referierte SIEBO JANSSEN (Bonn) über die Debatten zur Änderung des Wahlrechts. Dem Vortrag lag die These zu Grunde, dass die heterogenen Wahlrechtsregelungen in Europa zur niedrigen Wahlbeteiligung beitragen. Um einen Überblick über Bemühungen zur Vereinheitlichung zu geben, stellte Janssen daher zuerst die Grundlagen und ihre Entwicklung von den Pariser Verträgen 1952 über die Erklärung anlässlich der Einführung der Direktwahl bis hin zur jüngsten Initiative, dem Duff-Entwurf von 2008, dar. Bereits die Beratungen über den Wahltermin dokumentieren dabei Differenzen zwischen den Mitgliedstaaten, die aus ihren Eigenheiten und Traditionen resultieren. Die in den 1990er-Jahren erfolgte Einigung auf das Verhältniswahlrecht führte zu keiner signifikanten Steigerung der Wahlbeteiligung. Die jüngste Initiative des Duff-Entwurfs gehe einige Schritte weiter; so sind dort transnationale Wahllisten und Grenzen übergreifende Wahlkreise vorgesehen. Die Wähler könnten, so der Entwurf, einzelnen Kandidaten, auch aus anderen Ländern den Vorzug geben. Die Wahl soll darüber hinaus einheitlich in territorialen Wahlkreisen stattfinden, in denen die Bürger die Möglichkeit hätten ihre Abgeordneten zu kennen anstatt sie nur von landesweiten Wahllisten zu wählen. Der Duff-Entwurf, so Janssen, würde sicher zu einer Europäisierung der Wahlkämpfe führen, sei jedoch angesichts fehlender europäischer Öffentlichkeit und vor dem Hintergrund noch immer stark nationaler Orientierung verfrüht. Der letzte Vortrag der Tagung blieb KARSTEN SCHMITZ (Ruhr-Universität Bochum) vorbehalten, der die „Willensbildung im Europäischen Parlament“ analysierte. Sein Vortrag rekurrierte auf die These, dass bisher nur Konflikte zu erhöhter Aufmerksamkeit und politischer Polarisierung innerhalb des Parlamentes und damit auch zu entsprechend höherer Wahlbeteiligung geführt hätten. Dabei spielte vor allem der besondere Charakter des Europaparlamentes eine Rolle. So sei die Wahrnehmung des EPs in der Öffentlichkeit generell hoch, die Medienaufmerksamkeit aber stagnierend. Ein weiteres Problem läge in den Entfernungen zwischen Parlament und Wahlkreisen, welche die Kommunikation zwischen Wählern und Abgeordneten erschwere. Bezüglich der internen Willensbildungsprozesse berichtete Schmitz, dass es sich bei dem EP in den Kategorien klassischer Parlamentsforschung um ein Arbeits- und Ausschussparlament handele, in dem vor allem den Berichterstattern sowie den Koordinatoren bei den Fraktionen erhöhte Bedeutung zukomme. Die Mehrheitsbildung fände immer mehr entlang sachlicher Konfliktlinien statt. Ein Indiz für wachsenden Einfluss sei beispielsweise die Tatsache, dass nationale Parteien zunehmend versuchten, Einfluss auf einzelne EP-Abgeordnete zu nehmen. Zentrale Bedeutung bei der Politikgestaltung im EP käme dem Mitentscheidungsverfahren zu. Während im Laufe der ersten Lesung noch ideologische Unterschiede dominierten, würden in der zweiten Lesung gemeinsame Standpunkte deutlich und im Laufe der dritten Lesung, dem Vermittlungsverfahren, mehrheitsfähige Ergebnisse produziert. So sei das EP trotz des noch immer vorhandenen interinstitutionellen Wettbewerbs aufgrund der Besonderheiten des „Regierungssystems“ der EU, das die Willensbildung lange prägte, inzwischen zu einem arbeitsfähigen und politischen Parlament gereift.

Abschließend wurde bilanziert, dass die Tagung zahlreiche Detailergebnisse zu unterschiedlichen Diskussionssträngen und Schwerpunkten präsentiert und erörtert habe. Dabei haben insbesondere die Zugänge über die klassischen Kategorien historischer und politikwissenschaftlicher Ansätze Erfolg versprochen. Es gelte aber zu bedenken, dass der betrachtete Zeitraum von 30 Jahren und die Datengrundlage von − einschließlich der bevorstehenden Wahl − sieben Urnengängen vor allem aus historischer Sicht noch relativ begrenzt ist. Infolgedessen bleibt die Aufgabe bestehen, das Spannungsfeld zwischen Demokratisierung und Parlamentarisierung weiter zu beobachten, das sich zu einer Art Triebfeder europäischer Integration entwickelt hat.

Konferenzübersicht:

Begrüßung: Klaus Tenfelde, Bochum

Eröffnungsvortrag: Jürgen Mittag, Bochum: Europawahlen als Themenfeld der Forschung – Zugänge, Ergebnisse und Desiderate

1. Sektion: Impulsreferate und theoretisch-konzeptionelle Einordnung
Michael Gehler, Hildesheim: Moderation

Stefan Marschall, Siegen: Zwischen Völker- und Bürgervertretung – Das Europäische Parlament und die Europawahlen im Spannungsfeld transnationaler Demokratie

Andreas Biefang, Berlin: Wahlen – Öffentlichkeit – Parlamentarismus; Anmerkungen zum EU-Parlamentarismus aus historischer Sicht

Andreas Maurer, Berlin: Das systemgestaltende Potenzial der EP-Wahlen und die Ausweitung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments

2. Sektion: Der lange Weg zu den Direktwahlen: Eine historische Betrachtung
Jost Dülffer, Köln: Moderation

Guido Thiemeyer, Siegen: Parlamentarismus und Demokratie in der Frühphase der europäischen Integration

Joachim Wintzer, Berlin: Die Debatte um die Direktwahl in den 1970er Jahren aus Sicht der Mitgliedstaaten

Jürgen Nielsen-Sikora, Köln: Das „Europa der Bürger“ und die Europawahl; Doppelstrategie zur Überwindung der „Eurosklerose“?

Markus Steinbrecher, Mannheim: Die Beteiligung bei Europawahlen im Spiegel der Wahlforschung

3. Sektion: Vom Hoffnungsträger zum „Sorgenkind“? Die Europawahlen im Zeit- und Ländervergleich
Wilfried Loth, Essen: Moderation

Markus Steinbrecher, Mannheim: Die Beteiligung bei Europawahlen im Spiegel der Wahlforschung

Claudia Hülsken, Bochum: Die Wahlen 1984 und 1989 (Kontext, Kandidaten, Wahlkampf, Medienberichterstattung und Ergebnisse)

Jeanette Glock, Stuttgart: Die Wahlen 1994 und 1999 (Kontext, Kandidaten, Wahlkampf, Medienberichterstattung und Ergebnisse)

Jürgen Mittag, Bochum: Die Wahlen 2004 (Kontext, Kandidaten, Wahlkampf, Medienberichterstattung und Ergebnisse

Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des Europäischen Parlaments
Elmar Brok (EVP/ED)
Klaus Hänsch (SPE)
Alexander Plahr (Kandidat ALDE Fraktion)
Elisabeth Schroedter (Grüne/EFA)
Gabriele Zimmer (GUE/NGL)

4. Sektion: Wahlen als Instrumente der Parlamentarisierung? Akteure und Funktionen der Europawahlen
Rainer Eising, Bochum: Moderation

Rudolf Hrbek, Tübingen: Europawahlen als „Second-Order-Elections“ – Zur Aktualistät eines Paradigmas

Jan Treibel, Duisburg-Essen: Determinanten der Europawahlen: Zwischen Parteistrategie, Medienresonanz und Wählerverhalten

Michael Edinger, Jena: Wahlen zum Europäischen Parlament und die Rolle der Abgeordneten – Sprungbrett oder Abstellgleis?

Jan Kreutz, Brüssel: Europäische Parteien und Europawahlen: Aktivitäten, Finanzierung und Bedeutung

5. Sektion: Europawahlen und mediale „Perfomanz“: Mobilisierung, Symbolik und Medienresonanz

Axel Schäfer, Bochum: Die Sicht der Parlamentarier: Europapolitische Öffentlichkeitsarbeit zwischen Bochum, Berlin und Brüssel

Anja Kruke, Bonn: Nationaler Schaukampf oder europäische Vokation? Wahlkampfvisualisierung im Plakat, 1979-2004

Axel Heyer, Brüssel: Dem Wahlkampf ein Gesicht geben? Die Wahlkampfstrategien zur Europawahl 2009 aus Sicht der Parteien

6. Sektion: Die Europawahl 2009: „Neuer Wind“ durch Konstitutionalisierung, Professionalisierung, Standardisierung und Politisierung?
Wolfgang Wessels, Köln: Moderation

Daniel Göler, Passau: Die (neuen) Rahmenbedingungen des Vertrags von Lissabon

Siebo Janssen, Bonn: Die Debatten um die Vereinheitlichung des Wahlrechts von den Anfängen bis zum Duff-Entwurf

Karsten Schmitz, Bochum: Die Willensbildung im Europäischen Parlament